Kapitel 1

Die Bedeutung des Mittelstands und dessen aktuelle Herausforderungen

Aktuelle Einblicke

Fusionen und Übernahmen ziehen oft große Aufmerksamkeit auf sich, da sie mit Milliardenbeträgen und bedeutenden strategischen Entscheidungen verbunden sind – siehe Teilverkauf der Geschäftssparte „Climate Solutions“ durch Viessmann im Jahr 2023. Trotz dieser Faszination zeigt die Realität jedoch ernüchternde Erfolgsaussichten: Rund zwei Drittel dieser Transaktionen scheitern. Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich mit den Hintergründen dieser hohen Abbruchquote, die sich in aller Regel auf große Transaktionen bezieht. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) stehen hingegen nur selten im Fokus dieser Analysen. Dieser Beitrag zielt darauf ab, die verschiedenen Stolpersteine speziell beim Verkauf eines KMU zu identifizieren und näher zu beleuchten.

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Während der Corona-Krise schien die Nachfolgeplanung bei vielen KMU regelrecht auf Eis gelegt. Grund dafür waren Lieferkettenstörungen, Personalengpässe und auf der anderen Seite Nachfragerückgänge durch eine starke Verunsicherung der Konsumenten, sodass der unternehmerische Fokus bei einer großen Zahl mittelständischer Unternehmen auf der reinen Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs lag. Post-Corona-Umfragen zeigen jedoch, dass sich die Anzahl der Unternehmer, welche Nachfolgepläne hegen, wieder auf Vorkrisenniveau befindet.
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) werden bis 2026 jährlich etwa 38.000 Unternehmensübergaben in Deutschland anstehen. Dies entspricht im Vergleich zu 2010 einem Zuwachs von knapp 75 % – mit steigender Tendenz. Ursache für den starken Anstieg ist neben dem demografischen Wandel einerseits eine sinkende Anzahl an Kindern als potenzielle Nachfolger und andererseits sich wandelnde Berufswege der folgenden Generationen. Dies führt in den kommenden Jahren zu einem erhöhten Bedarf an familienexternen Unternehmensübergaben. Obwohl der Großteil der

Unternehmensinhaber eine familieninterne Übergabe präferiert, kann dieser Wunsch nur in etwa 50 % der Fälle realisiert werden. Während rund 30 % der Unternehmen an Externe verkauft werden, macht der Verkauf an Mitarbeiter mit rund 20 % den geringsten Anteil aus. Somit stehen bis 2026 jährlich über 11.000 Übergaben pro Jahr an Externe an. Als Übernahmekandidaten kommen hier sowohl Finanz- als auch strategische Investoren sowie externe Manager infrage. Hinzu kommen weitere ursprünglich als familieninterne Nachfolgeregelungen anvisierte Übergaben.

Die Familienunternehmen des deutschen Mittelstands tragen einen erheblichen Teil zur deutschen Wirtschaft bei: Rund 90 % der aktiven Unternehmen sind Familienunternehmen. Sie vereinen 55 % des Gesamtumsatzes und nahezu 60 % der Gesamtbeschäftigung auf sich und werden regelmäßig und völlig zurecht als Motor und Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Wirft man einen Blick auf den Stellenwert der Familienunternehmen, die bevorstehende Nachfolgewelle und den stetig größer werdenden Anteil an externen Unternehmensübergaben, ist es geboten, zugleich die Erfolgsquote dieser Übergabeart näher zu beleuchten. Denn über die Hälfte aller geplanten Unternehmensübergaben an Externe scheitern im deutschen Mittelstand. Diese Abbruchquote wird durch zahlreiche Studien belegt: Bei entsprechenden Befragungen gaben mindestens 70 % und bis zu 90 % der Verkaufsberater an, bereits eine oder mehrere Transaktionen im mittelständischen Umfeld abgebrochen zu haben. Eine erstaunlich hohe Zahl.

Daher behandeln wir in diesem Beitrag folgende Fragen:

  • Welche Stolpersteine gibt es beim Verkauf eines mittelständischen Unternehmens?
  • Worauf ist hierbei als Unternehmer besonders zu achten?
  • Welche dieser Stolpersteine treten am häufigsten auf?
  • Welche können schließlich zu einem „Dealbreaker“ (= Abbruch der Transaktion) heranwachsen?

Der deutsche Mittelstand – Motor unserer Wirtschaft

Laut Statista (2022) und Stiftung Familienunternehmen (2023) liegt die Zahl der Unternehmen in Deutschland bei deutlich über drei Millionen. Laut dem IfM zählten im Jahr 2021 sogar über 3,3 Millionen Unternehmen zu den kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen. Diese machen nach Angaben des IfM einen Anteil von 99,3 % aller Unternehmen in Deutschland aus. Die nachstehende Tabelle 1 zeigt eine Übersicht dieser Verteilung.

Wie in der Tabelle zu sehen ist, stellen die kleinsten Unternehmen mit 85,3 % die größte Gruppe dar. Anschließend folgen die kleinen Unternehmen mit 11,4 % und die mittleren Unternehmen mit 2,6 %. Die Großunternehmen machen zahlenmäßig demnach lediglich einen Anteil von 0,7 % am gesamten Unternehmensbestand aus. Die KMU erwirtschafteten im Jahr 2021 über 30 % des Umsatzes in Deutschland und beschäftigten über 55 % aller Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass in der Regel über 70 % der Auszubildenden auf die KMU entfallen.

Wie bereits eingangs erwähnt, tragen die Familienunternehmen des deutschen Mittelstands einen bedeutsamen Teil zur deutschen Wirtschaft bei: Rund 90 % der aktiven Unternehmen sind Familienunternehmen. Diese knapp drei Millionen Unternehmen sind in Summe für 55 % des Gesamtumsatzes und nahezu 60 % der Gesamtbeschäftigung verantwortlich. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: KMU und Familienunternehmen sind aufgrund ihres hohen Anteils Motor und Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft.

Somit kommt den beschriebenen Ursachen für den Bedarf der externen Unternehmensnachfolge im KMU-Bereich nicht nur eine enorme Bedeutung für die deutsche Wirtschaft zu. Vielmehr spielen diese gleichermaßen im gesellschaftlichen Kontext eine übergeordnete Rolle, denn die Sicherung von Unternehmensnachfolgen ist immer auch gleichbedeutend mit dem Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

Der Bedarf an externen Unternehmensnachfolgen steigt

Laut dem Nachfolge-Monitoring der KfW besteht in der deutschen Unternehmenslandschaft eine strukturelle Nachfolgelücke. Diese Lücke wird unter anderem mit der zurückgehenden Geburtenrate in der deutschen Bevölkerung und dem demografischen Wandel begründet.

Der demografische Wandel zeigt, dass die Unternehmerschaft in Deutschland immer weiter altert. Dies spiegelt sich auch deutlich im Alter der Inhaber der KMU wider: Während im Jahr 2021 fast 30 % der Inhaber über 60 Jahre alt waren, lag dieser Anteil vor knapp 20 Jahren bei 12 %. Hinzu kommt, dass sich die Anzahl der unter 40-jährigen Inhaber um mehr als die Hälfte reduziert hat: Vor knapp 20 Jahren lag der Anteil bei knapp 30 %, heute liegt der Anteil nur noch bei 13 %.

Verstärkt wird dieser Wandel durch das rentenfähige Alter der geburtenstarken Generation, der sogenannten „Babyboomer“, und der Bildungs- bzw. Berufswege der Kinder von Unternehmern, welche heutzutage vielmehr von den eigenen Interessen geprägt werden als vom ggf. vorbestimmten Pfad der Eltern. Während die Übernahme des Familienbetriebs aufgrund der vielfältigen beruflichen Wahlmöglichkeiten heute keine Selbstverständlichkeit mehr darstellt, kommt es durch den gesellschaftlichen Trend, die eigene Familienplanung um einige Jahre zu verschieben, dazu, dass die eigenen Kinder teilweise zu jung für die Übernahme des Betriebs sind. Die erwähnte rückgängige Geburtenrate, die Selbstbestimmung der Kinder und das erhöhte Alter der Eltern führen dazu, dass es zu einem erheblichen Mangel an internen Nachfolgern kommt. Dies mündet in einem erhöhten Bedarf an externen Nachfolgen.

Gründe und Ursachen für den Wandel

Für das Nicht-Antreten der Nachfolge im Familienunternehmen können unterschiedliche Gründe verantwortlich sein. Einer der Gründe liegt darin, dass die Kinder sich schlichtweg bessere Einkommensaussichten aus angestellter und nicht selbstständiger Tätigkeit ausmalen, da sie häufig hochqualifiziert sind. Daraus ergeben sich für die Kinder zwei weitere Vorteile. Einerseits ist der Arbeitsumfang – zumindest im Durchschnitt – geringer als bei selbstständiger Arbeit und andererseits ist das Risiko nicht vergleichbar.

Hier wird das Familienunternehmen durch die Kinder schlicht als „nicht übernahmewürdig“ eingestuft. Abschreckend ist nicht selten beispielsweise die regelmäßige Wochenendarbeit der Eltern als Unternehmensinhaber, welche die Einstellung der potenziellen Nachfolgenden innerhalb der Familie zum Unternehmen eher negativ geprägt hat.

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Autor des Beitrags

Timo Schmidt, Associate

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